Seduce! – Strategies Against Brutalization

Read text in German.

Generated by right wing populist factions, an authoritarian language is being spoken.
A language that delegitimizes,
that goes and lowers down to face a degraded opponent.
A language that cuts – cuts off and cuts out
everything: people, thoughts, perspectives.
And forces everyone through the lens that it cut out for them,
turning a blind eye, the fist raised in the face of anyone who inordinately glances back.

We know it as the language in the bodies of power hungry white men,
who never learnt to ask questions, but only to yell answers in the nature of commands
used to occupy: people, thoughts, perspectives, and words;
words that could always and at all times be rephrased, recycled and repossessed.
And again their mighty power is established.

And again the mighty destruction of all that was so carefully and slowly, stone by stone,
thought by thought, built, created for the many,
not for a chosen few.
Because the power to destroy is more easily seized, stirred and wielded,
than the power to create and construct.

Speaking is acting. The spoken language is action.
We are surrounded by language, and we pretend
not to know that .
The only ones who know, are the ones who abuse, degrade,
slander, insult, and distort
what language is when it acts.
Surely they know how to start a sentence and to let it go on,
from sentence to vote, from vote to rule,
And surely they know how to let their sentences run
all over others,
and surely they know how to pull everything down,
how everything can be reset,
how a single sentence can do it all at once, hate, kill,
push someone in front of the subway, shoot down all intellectual achievements,
decency and respect,
while standing there, legs wide apart.

But we, too, can plant sentences that act.
Sentences through which we act.
Sentences that break open and expand and set free.
We, too, can fight. We can take a stand,
stand up straight, straighten out the distortions.
Cut open the cutting patterns,
that have narrow-mindedly taken hold of one-sided opinion,
and pull out what has been possessed.
We, too, can seduce, but to think.
We, too, can seduce, with words that seduce, if we know where to:
Seduce! – Back into the open!

Maxi Obexer, January 2017
New Institute for Dramatic Writing

Translated from German to English by Maria Milisavljevic

 


 

Verführt! – Strategien gegen Verrohung

Von rechten und populistischen Lagern ausgehend, wird die Sprache der Autorität gesprochen, eine, die dem anderen seine Berechtigung abspricht,
die sich hinstellt und sich herablässt auf ein herabgestuftes Gegenüber,
eine Sprache, die schneidet, abschneidet und ausschneidet,
nämlich gleich das Ganze: Menschen, Gedanken, Wahrnehmungen,
die alle zwingt, durch ihre ausgeschnittete Sicht zu passen,
mit einem zugedrückten Auge, und einer Faust für jeden, der unangepasst zurückschaut.

Wir kennen sie als die Sprache in den Körpern weißer machtbesetzter Männer,
die von jeher nicht ans Fragen gewohnt sind, stattdessen ans Antworten mit
Befehlcharakter,
gewohnt daran, zu besetzen, Menschen, Gedanken, Wahrnehmungen und Worte,
Worte, die von jeher und zu jeder Zeit umbesetzt, neu besetzt, neu besessen werden können,
und das nicht zu ihrer Erweiterung, jedenfalls nicht zur Erweiterung der Wörter.
Und wieder wird gewaltig Macht installiert.
Und wieder wird gewaltig zerstört, was einmal so langsam, Stein um Stein,
Gedanke für Gedanke, aufgebaut, hergestellt wurde für die vielen,
und nicht nur für die wenigen.
Ist doch die Macht zu zerstören, leichter zu ergreifen, zu führen und zu lenken,
als die Macht des Herstellens und des Aufbauens.

Sprechen ist Handeln. Sprache ist Handlung.
Wir sind umgeben von Sprache, und wir tun so,
als scheinen wir es nicht zu wissen.
Sicher aber wissen es die, die beleidigen, herabsetzen,
verunglimpfen, beschimpfen, verdrehen –
was Sprache ist, wenn sie handelt.
Sicher wissen sie, wie ein Satz anfängt und weitergeht,
vom Satz zum Wahlschein, von Wahlschein zum Regieren,
und sicher wissen sie, wie man einen Satz zum Laufen bringt,
über die anderen hinweg,
und sicher wissen sie, wie alles niedergestoßen werden kann,
wie alles wieder an den Anfang geschubst werden kann,
wie ein Satz alles gleichzeitig kann, hassen, töten,
vor die Ubahn stoßen, und wie ein sicher geglaubtes Werk
aus Menschenverstand, Anstand und Respekt,
breitbeinig wieder abgeschossen werden kann
für die nächste Ewigkeit.

Aber auch wir können handeln, indem wir sprechen,
auch wir können Sätze setzen, in denen gehandelt wird,
Sätze, durch die gehandelt wird.
Sätze, die aufbrechen und erweitern und befreien.
Auch wir können kämpfen, indem wir Stellung beziehen,
uns gerade aufstellen, und Verdrehtes geraderücken.
Besetztes rausholen und die Schnittmuster aufschneiden,
die die Sicht einseitig und engstirnig besetzt halten.
Auch wir können verführen. Zu Gedanken.
Auch wir können verführen, mit Worten, die verführen
Wenn wir wissen, wohin: Verführt! – Wieder ins Freie!

Maxi Obexer, im Januar 2017
Neues Institut für Dramatisches Schreiben